Historie der Péniche "Anna-Léonie"

Die Anna-Léonie ist während der Saar-Tradition für Besucher geöffnet.


Die Anna-Léonie ist ein Flussschiff des Typs "Péniche" (Penische, Lastkahn, Treidelschiff), die von 1926 bis 1964 auf der Saar und anderen Flüssen verkehrte. Sie ist ca. 39 m lang und 5 m breit, ihr Tiefgang beträgt unbeladen 30 cm. Sie wurde 1925/26 auf der saarländischen Werft der Brüder Schäfer in Völklingen/Luisenthal gebaut. Vor dem 2. Weltkrieg wurde Anna Léonie dann von dem Ehepaar Johann und Eugénie Kind gekauft (Urkunde vom 11. Nov. 1937, Heimathafen Saarbrücken, Immatrikulation SN 815 SA). Getauft wurde sie auf den Namen Anna-Léonie zu Ehren der jüngsten Tochter der Familie (Anna, verheiratete Netzer) und der ältesten Tochter (Léonie, verheiratete Martini). 


Die beiden Namensgeberinnen des Schiffes mit ihren Ehegatten: Léonie Martini und Anna Netzer, auf der Peniche Sylvia.

Als Johann Kind vor dem letzten Krieg gestorben war ging das Schiff in den Besitz seiner Frau Eugénie über, die es ihrem jüngsten Sohn Ernst Kind 1942 vererbte.


Eugenie Kind bei ihrem 80. Geburtstag auf der Anna-Léonie unter der Notbrücke in Gersweiler(1950).


Ernst Kind auf der Anna-Léonie unter der Notbrücke in Saarbrücken (1948).

Die Anna-Léonie entging den Bombenangriffen auf Saarbrücken zwischen Anfang 1941 und Februar 1945. Sie wurde auch nicht von der nationalsozialistischen Regierung zum geplanten maritimen Angriff auf England (Codename „Seelöwe“) im Juli 1940 beschlagnahmt. Nach der Besetzung Saarbrückens 1945-1946 durch die Amerikaner (vom rechten Ufer her) und durch die Franzosen (vom linken Ufer her) diente die Anna-Léonie zusammen mit einem anderen Kahn, der "Sylvia“, als Stütze für die Stege, die die Amerikaner zwischen den beiden Saarufern für die Fußgänger eingerichtet hatten, um von St Johann zur Saarbrücker Altstadt und zurück zu gelangen (Bild links). Die beiden Kähne waren nebeneinander in der Mitte des Flusses zwischen Dudweilerstraße und Neumarkt festgemacht. Dieser provisorische Übergang wurde 1948 durch eine Fußgängerbrücke ersetzt, die die Saarländer „Kummersteg“ und die Franzosen „Sans-Souci“ nannten. 1962 wurde dann eine neue Brücke unter dem Namen Wilhelm-Heinrich-Brücke eingeweiht. Auf die gleiche Weise wurden Anfang der 50er Jahre die beiden Kähne zwischen Burbach und Gersweiler während des Baus einer Brücke eingesetzt, um die beiden Stadtteile miteinander zu verbinden. Zur Erinnerung an dieses Ereignis wurden zwei Briefmarken mit einem Bild der Brücke herausgegeben (1953 zu 3 Frs., 1955 zu 18 Frs.).

                      



Die Anna-Leonie (links) 1948/49 vor dem noch im Bau befindlichen Finanzministerium.
Die Häuser liegen noch in Trümmern, das Staatstheater ist bereits restauriert..
Foto: Landesarchiv Saarbr., Bildersammlung.

Die Anna-Leonie legte mehrmals im Ostviertel beim Großhändler Lagera AG an, entweder um Brennstoffe, Baumaterial oder Lebensmittel anzuliefern oder um sie mit solchen Gütern zu beladen, um diese in die Städte flussabwärts der Saar zu transportieren. Sie fuhr auch auf Flüssen und Kanälen in Frankreich, solange das Treideln noch üblich war: im Norden auf dem Kanal St. Quentin, in Richtung Paris für die Mühlenbetriebe auf dem Kanal St. Martin, bis zur oberen Garonne auf dem "Canal du Midi“. In den 50er Jahren wurde die Binnenschifffahrt motorisiert, sodass das Treideln und Schleppen verschwanden. Die Anna-Léonie wurde nie motorisiert. Ernst Kind erhielt Aufträge, solange das Schleppen auf der Saar und auf dem Saar-Kohlen-Kanal stattfand, sodass die Fahrten bis 1964 immer seltener wurden und von da an die Péniche endgültig vor Anker lag; zuerst in der Nähe des Stadttheaters, dann des früheren Hafens von Saarbrücken, gegenüber d er Kongresshalle. Dort rostete sie vor sich hin und vergammelte völlig. So wäre beinahe das letzte saarländische Treidelschiff, das während der goldenen 30er Jahre an der industriellen Entwicklung des Saarlandes beteiligt war, vom Rost zerfressen, zugrunde gegangen. Nachdem Ernst Kind am 14.03.1987 gestorben war, kaufte Professor Peter Latz von der Universität München die Anna-Léonie. Das Schiff sollte zum einen als historisches Denkmal der Flussschifffahrt und zum anderen als letztes saarländisches Treidelschiff, das auf dem Saar-Kohlen-Kanal fuhr, zu Ehren kommen.

1991 wurde Anna Léonie von Saarbrücken zur Schiffswerft der Brüder Wirotius in Rilchingen-Hanweiler geschleppt, um hier restauriert zu werden. Die Jahre vergingen, bis endlich im Jahre 2007 der Fischereiverband Saar das Schiff erwarb und mit finanzieller Unterstützung des Landesdenkmalamts und der Saartotogesellschaft das Schiff in seinen ursprünglichen Zustand versetzte. Am 17. Juni 2011 konnte das Treidelschiff nach beendeter Restauration unterhalb von Saargemünd vom Stapel laufen. Es behält seinen ursprünglichen Namen „AnnaLéonie“ und seine Registratur: SN 815 SA bei. Es soll zukünftig als Denkmal der Saar-Treidelschifffahrt und als Schulungs- und Ausstellungsschiff der Angelfischerei im Saarland zum Anziehungspunkt für Besucher werden, die sich für die Nachkriegszeit, in der dieses Schiff zum wirtschaftlichen Aufschwung des Saarlandes beitrug, interessieren. 


Die Anna-Léonie nach der Restauration in 2011.


Der Laderaum der Anna-Léonie nach der Restauration in 2011.


Der Wohnraum der
 Anna-Léonie nach der Restauration in 2011.


Die Anna-Leonie vor der Restauration in 2008.


Die Anna-Leonie vor der Restauration in 2008. Nicht nur das Goggomobil Coupe war in einem mitleideregendem Zustand.


Die Anna-Leonie vor der Restauration in 2008. Das originale Holzruder.


Die Anna-Leonie vor der Restauration in 2008. Der Rumpf war bereits an vielen Stellen durchgerostet.


Quelle: Fischereiverband Saar KöR



Regattaverein Saar e.V.